What you should know about (I): General Custer von Andy Warhol

General Custer, aus der Serie “Cowboys and Indians”, 1986, Siebdruck auf Lenox Museum Board, 91,4 x 91,4 cm, Unikat, rückseitig gestempelt vom AWAAB

1986, kurz vor seinem Tod im Februar 1987, fertigte Andy Warhol die Serie der „Cowboys and Indians“, bestehend aus zehn Motiven im Siebdruckverfahren, in einer jeweiligen Auflage von 250 Stück. Basierend auf historischen Aufnahmen zeigen sie u.a. Persönlichkeiten der US-amerikanischen Geschichte, wie den Sioux-Anführer Sitting Bull (*1831, Süddakota, USA – †1890, Standing Rock Indian Reservation, USA), den Bedonkohe-Apachen Geronimo (*1829, Municipio Arizpe, MEX – †1909, Fort Sill, Oklahoma, USA), General Custer (*1839, Ohio, USA – †1876, Little Bighorn, Montana, USA), oder auch die Westernfilm-Legende John Wayne (*1907, Iowa, USA – †1979, Los Angeles, USA). Allesamt Stereotype und durch unsere westlichen Legendenbildung aufgeladene Charaktere, die das kollektive Gedächtnis prägen. Warhol stellt diese Kultfiguren der geschichtswissenschaftlich aufgearbeiteten Wahrheit gegenüber. Unsere „weißen“ Mythen begegnen somit der historisch belegten Realität. General Custer wird hier den Symbolfiguren und Held_innen des Widerstands gegenübergestellt. Diese wurden absurderweise noch während des Versuchs der Ausrottung ihrer Kulturen romantisch stilisiert, als federgeschmückte und naturverbundene Krieger_innen. Aus der Serie der „Cowboys and Indians“ bieten wir zur Zeit das Porträt General Custers an. Es handelt sich hierbei um einen sog. Trialproof, einen Probedruck Warhols außerhalb der publizierten Edition. Die Besonderheit an diesem einzigartigen Siebdruck ist die von der Serie abweichende Farbgebung. Der Trialproof ist somit rar am Kunsthandelsmarkt und sehr begehrt.

George Armstrong Custer war General der US-amerikanischen Armee und kämpfte im amerikanischen Bürgerkrieg und in den Indianerkriegen, den brutalen militärischen Auseinandersetzungen gegen die nordamerikanischen Ureinwohner_innen. Am 25. Juni 1876 wurde General Custer in der Schlacht am Little Bighorn, einem Fluss in Montana, getötet. Seinem Heer standen 2.000 Krieger der Sioux-, Latoka- sowie Cheyenne-Stämme gegenüber und waren der Kavallerie somit erstmals zahlenmäßig überlegen. Ihr Anführer war Sitting Bull, ebenfalls von Warhol in der Serie porträtiert. Andy Warhol war fasziniert von der US-amerikanischen Ikonografie die seine Kindheit prägte. Gattungen, wie der Wild-Western in der Filmindustrie oder literarische Legenden beeinflussten ihn. Wie manisch sammelte er für sein Archiv zahlreiche Western-Filmplakate und Autogramme der Hollywoodstars. Das Portfolio der „Cowboys and Indians“ wurde somit zu einem der bedeutendsten in seinem Werkschaffen.